Schweizer Gardist Raphael Felder: «Ich habe mich schon einige Male in den Gärten des Vatikans verlaufen»
Raphael Felder aus Wangen bei Olten ist seit neun Monaten bei der Schweizer Garde. Er erzählt, was ihn dort hingetrieben hat und wie es bis jetzt für ihn ist.
Sophie Deck
Raphael Felder fragt, ob man in der Schweiz die Maske jetzt auch auf der Strasse tragen müsse. Er wisse momentan nur noch die Regeln aus Italien. Der 22-Jährige ist seit drei Tagen zurück in der Schweiz, zu Hause in Wangen bei Olten. Als Gardist hat er nach neun Monaten im Vatikan zum ersten Mal Ferien.
Später beim Kaffee erzählt er, er sei aus Stolz zur Garde gegangen.
«Dass so ein kleines Land wie die Schweiz die Aufgabe übernehmen darf, den Papst zu beschützen, ist eine grosse Ehre. Davon wollte ich unbedingt Teil sein.»
Felder trat seine Aufgabe als Gardist mitten in der Coronazeit an. In Italien herrschte zeitweise ein kompletter Lockdown; die Bürger durften ihr Haus nur verlassen, um Essen zu kaufen oder zum Arzt zu gehen.
Da der Vatikan aber ein eigener Staat ist, hat er auch seine eigenen Regeln. Die Bewohner des Vatikans, und somit auch die Gardisten, duften sich innerhalb der Mauern frei bewegen, natürlich unter Einhaltung der Schutzbestimmungen während der Pandemie.
«So konnten wir in den grossen, schönen Pärken joggen und spazieren gehen», erzählt Felder. Das habe er sehr genossen. Und einen eigenen Fitnessraum und Turnhalle habe die Schweizergarde auch. Für Felder perfekt, denn er verbringt seine Freizeit gerne mit Sport.
«Wir müssen überall hingehen können»
Ansonsten sei die Aufgabe etwa so, wie er sie sich vorgestellt habe. Überrascht habe ihn, wie offen Papst Franziskus auf die Menschen zugehe. «Er ist sehr menschlich, kommt immer und begrüsst die Gardisten, die er an diesem Tag noch nicht gesehen hat, und wünscht einen schönen Tag», erzählt er.
Felder habe auch schon einmal länger mit dem Papst geredet, also in einem richtigen Gespräch. «Das war sehr eindrücklich», sagt er. Bei der vorsichtigen Frage, worum es denn ging, lacht er:
«Das darf ich nicht sagen.» Alles, was den Papst angehe, sei vertraulich. Felder muss nicht nur gegenüber der Presse darüber schweigen, sondern auch gegenüber seinen Freunden und seiner Familie.
Man hat aber den Eindruck, dass ihm das irgendwie gefällt. Er erzählt auch ganz stolz, dass niemand im Vatikan zu so vielen Orten Zutritt hat, wie die Gardisten. «Wenn wir den Papst beschützen sollen, müssen wir ja überall hingehen können», sagt er zufrieden. Dazu gehört auch die Residenz des Papstes, der Apostolische Palast und auch alle Orte, an denen die Publikumsaudienzen stattfinden, wie zurzeit im Damascushof.
Doch an der Aufmerksamkeit, die Gardisten zuteilwird, gebe es für ihn auch weniger erfreuliche Seiten. Felder wird eigentlich gerne fotografiert, auch von Touristen. «Aber manche Leute fragen gar nicht und kommen dann ganz nah heran. Das ist nicht immer angenehm, weil wir hauptsächlich die Zutrittskontrollen an den Haupteingängen zur Vatikanstadt durchführen müssen», sagt er.
Und er gibt auch zu, dass nicht immer alles ganz glatt für ihn lief: «Ich habe mich schon einige Male in den Gärten des Vatikans verlaufen. Auch schon so, dass ich einen Moment lang nicht mehr wusste, wo ich war», erzählt er. Die Gärten seien gross und man müsse sich anfangs ein wenig zurechtfinden.
Und auch Felders Italienisch sei noch nicht perfekt. Er hat es richtig zu lernen begonnen, als er Gardist wurde. «Zum Glück habe ich noch einen Kollegen, der in Rom Familie hat. So kann ich dort noch etwas üben», sagt er.
Wenn man nicht an Gott glaubt, macht ein Schwur keinen Sinn
Nun wurde Felder am 6. Mai vereidigt. Bei ihrer Vereidigung schwören die Gardisten, dass sie ihr Leben für den Papst geben würden. Er würde dies auch wirklich tun, sagt Felder. Beim Schwur sei Gott sein Zeuge gewesen.
«Und wenn man nicht an Gott glaubt, dann macht das Ganze auch nicht viel Sinn»,
sagt er. Ob sein Leben denn wirklich auf dem Spiel stehen könnte, also ob schon einmal etwas Gefährliches passiert sei, auch das darf Felder nicht erzählen.
Er sagt aber, mit einem Augenzwinkern: «Natürlich braucht es die Schweizer Garde, sonst gäbe es uns nicht. Aber man kann schon sagen, dass der grösste Teil unserer Arbeit präventiv ist.»
Felder hat seine Vereidigung genossen. Er zeigt glücklich Fotos und erzählt, dass Bundespräsident Guy Parmelin auch da war. Man merkt ihm seinen Stolz an; er scheint sich in seiner Rolle als Gardist wohl zu fühlen.
Im Moment geniesse er seine Ferien – wieder einmal zu Hause zu sein. Die Freiheiten, die er ausserhalb des Dienstes hat, hätte er aber gar nicht gross vermisst:
«Man kann als Gardist natürlich nicht die ganze Nacht in den Ausgang. Das war aber auch schon vorher nicht so mein Ding. Ich habe lieber mit einem paar Freunden einen gemütlichen Abend im Garten verbracht»,
sagt er.
Und in vier Tagen gehe es dann wieder zurück. Dann ist Felder sicher noch ein Jahr bei der Garde und danach könnte er noch weitermachen, oder wieder normal arbeiten. Eine Entscheidung hat er noch nicht getroffen, wenn er aber nicht bei der Garde bleibt, würde er vermutlich wieder als Bäcker und Konditor arbeiten.
Das voraussichtlich wieder in der Schweiz. Denn obwohl er die Zeit im Vatikan geniesst, wäre Rom für ihn keine Stadt zum Leben. Er fühle sich eben trotzdem noch voll und ganz als Schweizer, auch wenn er die Coronaregeln in der Schweiz momentan nicht ganz kennt.