Solothurner Künstler und Goth über die «Spooky Season»

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«Halloween ist für uns das, was für andere Weihnachten ist»: Solothurner Künstler und Goth über die «Spooky Season»

Auf einen Kaffee mit ... Reikon Devore. Der Zuchwiler führt das Kleider- und Accessoire-Label HexAsylum und zeigt seine Kreationen auf Social Media. Weil für ihn und seine Follower der 31. Oktober der wichtigste Feiertag im Jahr ist, denkt er sich dafür immer etwas Besonderes aus.

Sophie Deck

Reikon Devore denkt sich in der Woche vor Halloween jeden Tag einen neuen Halloween-Look aus. Dieser hier wurde exklusiv für das Kaffee-Foto zusammengestellt. Bild: zvg

«Ich bin jetzt halt eher casual unterwegs», schreibt Reikon Devore vor dem Treffen am Aaremürli in Solothurn. Als er eine Stunde später vor dem «Red John» erscheint, trägt er einen rot-braun karierten Mantel, eine Kette mit einem Anhänger, grosse Ringe und eine Mütze, die mit einer goldenen Brosche bestückt ist.

«Das ist für mich casual», grinst er, als er drinnen seinen Mantel auszieht. Sein Lidschatten schimmert rötlich im Licht der Bar. Er bestellt einen Cappuccino, um nach seiner Schicht im Supermarkt wieder wach zu werden.

Als Verkäufer arbeitet er Teilzeit. Daneben führt der Zuchwiler sein Kleider- und Accessoire-Label HexAsyslum mit Online-Shop und nimmt auch individuelle Bestellungen entgegen. Zum Beispiel kreiert er gerade einen Zylinder mit Hörnern für den amerikanischen Goth-Rock-Musiker Davie Suicide.

Und auch Reikon selbst trägt regelmässig eigene Kreationen – und teilt die Fotos und Videos auf den Social-Media-Plattformen Instagram und TikTok, wo er auch den Künstlernamen @reikondevore verwendet. «Das hilft natürlich, meine Kollektionen zu vermarkten. Aber hauptsächlich macht es mir Spass», sagt er.

Während Reikons Looks ihren Ursprung in der Gothic-Szene haben, könne er selber seinen Stil heute nicht mehr eindeutig einer Richtung zuordnen. «Ich lasse mich von allem inspirieren, was ich irgendwo sehe, und mache einfach das, worauf ich Lust habe.»

Der Weg in die Gothic-Szene begann für Reikon als Kind, und zwar mit Animes. Er sei fasziniert gewesen von der Ästhetik der japanischen Zeichentrickfilme und -serien und Teile davon fänden sich noch heute in seinen Looks wieder.

Als er dann japanische Rock-Bands entdeckte, die oft im Goth-Style auftraten, begann er zum ersten Mal mit Schminken und Outfits. «Aber richtig fing ich an, als ich mit 16 eine Freundin hatte, die Goth war und mich dann in diese ganze Szene einführte», erzählt der heute 30-Jährige.

In der Gruppe gingen sie dunkel geschminkt und schwarz angezogen in den Ausgang und an Goth-Festivals. Die Szene beinhaltet Kleidung, Musik, Innen-Dekoration und auch eine gewisse Faszination für das Thema Tod und Geister.

Später studierte Reikon Kunst an der Schule für Gestaltung in Zürich und arbeitete als Castingfotograf eine Zeit lang in Berlin, London und Amsterdam, bis er wieder nach Solothurn zurückkehrte.

Eine Krone aus Skelettfingern und ein dreiköpfiger Hund

Auf seinem TikTok- und seinem Instagram-Profil folgen Reikon viele Goths und auch Leute, die sich für Hexerei, also etwa die Wirkung von Steinen, interessieren. Ausserdem einige Tätowierer und Leute aus der japanischen Musikszene.

Etwas, was viele von ihnen gemeinsam haben: Halloween ist für sie der wichtigste Feiertag. «Halloween ist für uns das, was für andere Weihnachten ist», erklärt Reikon. «Es ist die Zeit, in der es einmal voll um all das geht, was uns fasziniert: Das Gruselige und das Dunkle.»

Deshalb hat Reikon diese Woche, um die «Spooky-Season» zu feiern, jeden Tag einen Halloween-Look kreiert und diesen auf Instagram mit seinen Followern geteilt.

Und auch für den 31. Oktober selbst hat er Pläne: Jedes Jahr veranstalten er und seine Freunde eine Halloween-Party mit einem Motto. «2019 zum Beispiel war es ‹Glamoween›, also Glam und Halloween, und dieses Jahr haben wir ‹Götterdämmerung›. Dafür muss jeder von uns eine Gottheit aus einer Weltreligion verkörpern. Ich habe Hades gezogen», sagt er.

An diesem Kostüm arbeitet er nun seit einer Woche. Es wird bestehen aus einer kurzen griechischen Lockenperücke, einem hohen Kragen und einer Krone aus Skelettfingern. Und, wenn die Zeit reicht, macht Reikon noch einen kleinen dreiköpfigen Hund, den er sich auf die Schulter setzen würde.

Vor der Party treffen sich er und seine Freunde dann draussen und machen von allen Outfits Fotos – natürlich auch für Instagram. «Diese Gruppe und ich arbeiten eigentlich im Team an HexAsylum. Und auch meine Online-Community zähle ich dazu», sagt der Künstler.

Er geniesse seine kreative Arbeit, aber Vollzeit-Künstler würde er trotzdem nicht sein wollen: «Ich bin froh, wenn ich in einem normalen Outfit rausgehen und diese Künstler-Persona mit den Looks mal ganz hinter mir lassen kann.» Und so ist Reikon ab und zu auch ohne Zylinder und Weste in Solothurn anzutreffen – ganz casual eben.

 

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